Die von der Sammlung Oskar Reinhart „Am Römerholz“ (SOR) in Zusammenarbeit mit dem Kunsthistorischen Museum Wien (KHM) konzipierte Ausstellung „Cranach – Die Anfänge in Wien“ beleuchtet erstmals in einer eigenen Präsentation die künstlerischen Anfänge Lucas Cranachs d. Ä. (1472–1553). Die Ausstellung ist noch bis zum 12. Juni 2022 in Winterthur zu sehen.

Lucas Cranach d. Ä. zeichnet sich durch seine frühe künstlerische Meisterschaft aus und zählt zu den bekanntesten Künstlern des 16. Jahrhunderts. Er war im unmittelbaren Umfeld Albrecht Dürers (1471–1528) tätig und befreundet mit Martin Luther (1483–1546). Die Lebensstationen Cranachs in seinen mittleren und reifen Jahren sind weitgehend bekannt und nachvollziehbar, jedoch gibt es nur sehr wenige Quellen und Hinweise auf seine Ausbildung und seinen früheren Lebensweg.

Quellen legen nahe, dass der knapp dreißigjährige Cranach um 1500 nach Wien übersiedelte, wahrscheinlich in der Hoffnung, den sich dort etablierenden Humanistenkreis mit Bildnissen zu bedienen. Dort scheint er tatsächlich mit offenen Armen empfangen worden zu sein: Cranachs deutlich expressiver und emotionalisierter Bildstil und seine teils ganz neue Formensprache – wahrscheinlich beeinflusst von Dürer – kam gerade im Humanistenmilieu gut an, mäandern seine Werke doch zwischen althergebrachter religiöser Tradition und neuem, humanistisch geprägtem Gedankengut.

Die Ausstellung in Winterthur und die anschließend in Wien stattfindende gleichen sich über weite Strecken, denn beide greifen das bisher weitestgehend unbekannte Frühwerk Cranachs auf und verbinden ihre Erkenntnisse in einem gemeinsam publizierten Ausstellungskatalog. Jedoch setzen die beiden Ausstellungsorte auch jeweils eigene Akzente, ausgehend von ihren eigenen Sammlungswerken: Die Winterthurer Ausstellung richtet den Fokus auf Cranachs Portraitpraxis, die Wiener konzentriert sich auf das religiöse Bild.

Lucas Cranach d.Ä. Ehediptychon des Dr. Johannes Cuspinian und der Anna Cuspinian-Putsch 1502/03 © Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz», Winterthur

Hinzu zum Ehediptychon des Johannes Cuspinian und seiner Frau Anna um 1502 von Winterthur gesellen sich noch weitere Bildnisse von Cranachs früher Schaffenszeit wie auch weiterer Künstler der Frührenaissance. Besonderes Augenmerk gilt dem spezifischen Portraittypus des Bildpaars, eine häufig gewählte Form in der Tafelmalerei dieser Zeit. Anhand von speziell für die Ausstellung kreierten Animationen können die Besucherinnen und Besucher auf Bildschirmen virtuell erkunden, wie diese Diptychen früher wohl präsentiert wurden.

Von den zehn bekannten Gemälden der Wiener Zeit wird die Mehrheit im Rahmen des gemeinsamen Ausstellungsprojekts und dank hochkarätiger internationaler Leihgaben zu sehen sein. Hinzu kommen herausragende Beispiele von Cranachs sehr seltenen Zeichnungen dieser Zeit. Ein besonderes Augenmerk wird auf die nachweisbare Arbeit Cranachs als Entwerfer von Druckgraphiken gelenkt – sein frühes druckgraphisches Werk wird vollständig präsentiert. In diesem Zusammenhang werden sehr selten gezeigte Beispiele der frühen Buchdruckkunst ausgestellt, wie zum Beispiel das Missale Salisburgense der Österreichischen Nationalbibliothek.

Anhand verschiedenartiger Exponate eröffnet sich ein farbenprächtiges und reiches Bild des humanistischen Milieus Wiens, eines der Kunstzentren der frühen Renaissance. Die Ausstellung wird begleitet von interaktiven Elementen und einem reichhaltigen Programm an praktischen Workshops und thematischen Sonderführungen für Groß und Klein, welche die Landschaftsauffassung des frühen 16. Jahrhunderts und verwandte Themen aufgreifen.

www.roemerholz.ch/sor/de/home/ausstellungen/ausstellungen—aktuell/cranach-anfaenge-wien.html

Quelle: Schweiz Tourismus